Ruprecht Karls Universität Heidelberg

Klassische Elektrodynamik (PTP3) Wintersemester 2014/15

Die elektrodynamische Wechselwirkung ist bekannt als eine der vier fundamentalen Wechselwirkungen der Physik; das entsprechende Austauschteilchen im Rahmen des Standardmodells ist das Photon, sie ist also eng mit dem Licht verbunden. Während die starke und schwache Wechselwirkungen nur auf subatomaren Skalen zum Tragen kommen, ist die elektrodynamische Wechselwirkung wie auch die Gravitation auch auf makroskopischen Skalen relevant und damit Gegenstand unserer Alltagserfahrung. Obwohl im Prinzip 10^40 mal stärker als die Gravitation, spüren wir von diesem Ungleichgewicht wenig, da sich auf grösseren Skalen typischerweise positive und negative Ladungen gegenseitig aufheben. Dies führt dazu, dass auf astronomischen Skalen nur die Gravitation relevant bleibt, die keine entgegengesetzen Ladungen kennt. Auf atomaren, molekularen und supramolekularen Skalen dagegen dominiert die elektrodynamische Wechselwirkung. Von allen fundamentalen Wechselwirkungen hat sie deshalb auch die stärkste technologische Relevanz. So liegt sie z.B. der Elektronik und dem Ladungstransport in biologischen Systemen zugrunde: ohne ein grundlegendes Verständnis der Elektrodynamik gäbe es weder die modernen Informationstechnologie noch ein Verständnis der Informationsverarbeitung im Gehirn. Die Liste der technologisch relevanten Anwendungen liesse sich problemlos fortsetzen, z.B. durch Solarzellen, Photosynthese, Elektrochemie, Telegraphie, Telefonie, Radar, Mikroskope, Kameras, Halbleiter, Computerchips. Umso erstaunlicher ist es, dass all diese Erfindungen und Phänomene letztendlich durch ein System von vier einfachen Gleichungen beschrieben werden können, den Maxwell-Gleichungen, die die komplette axiomatische Grundlage der klassischen Elektrodynamik bilden.

Ziel der Vorlesung PTP3 ist es, eine umfassende Einführung in die klassische Elektrodynamik aus der Sicht der theoretischen Physik zu bieten. Die Maxwell-Gleichungen werden als axiomatisches System betrachtet, aus dem alle relevanten Konsequenzen mit den Methoden der Mathematik und der theoretischen Physik abgeleitet werden können. Die dafür nötigen mathematischen Werkzeuge werden als Einschübe in der Vorlesung und ohne Beweise eingeführt (insbesondere Vektoranalysis, Integralsätze, Distributionen, spezielle Funktionen, Funktionentheorie). Neben der Herleitung der wichtigsten Gesetze und Anwendungen der Elektrodynamik soll auch gezeigt werden, wie ihre Struktur weiter formalisiert werden kann, was schlussendlich zu einer Vereinigung mit der Quantenmechanik führt (ähnlich wie die Umformulierung der klassischen Mechanik in der Hamiltonschen Mechanik).

Da die klassische Elektrodynamik ein fundamentales und abgeschlossenes Gebiet der Physik darstellt, muss das Rad hier nicht neu erfunden werden und es gibt exzellente Lehrbücher, die den Stoff so widerspiegeln, wie er auch in der Vorlesung erklärt wird (insbesondere die Bücher von Fliessbach und Nolting). Allerdings muss aufgrund der Kürze der Zeit (25 Doppelstunden) eine klare Auswahl getroffen werden. Besonders wichtig ist die aktive Verarbeitung des Stoffes durch Übungsaufgaben und –gruppen. Obertutor ist Dr. Thorsten Erdmann. Für eine Teilnahme an der Klausur müssen 60% der Übungsaufgaben erfolgreich gelöst werden. Weitere Informationen werden in der ersten Vorlesungsstunde gegeben (PDF unten zum Download). Zwei Teilnehmer der Vorlesung (Kay Zaradny und Jonas Rothermel) werden dankenswerterweise ein Skript erstellen, dass immer am Dienstag für die vorhergehende Woche fertig sein sollte. Ausserdem gibt es eine Moodle-Seite zum Kurs, in der die Teilnehmer miteinander diskutieren können. Dort wird auch eine elektronischer Tablet-Mitschrift eines Studierenden in der Form von PDF-Dateien zur Verfügung gestellt.

Material zur Vorlesung

Übungsblätter

Inhalt der Vorlesung

  1. Elektrostatik: Coulombgesetz, Laplace-und Poisson-Gleichungen, skalares Potential, Randwertprobleme, Bildladungen, Multipolentwicklung, Abschirmung
  2. Magnetostatik: Biot-Savart-Gesetz, Magnetismus, Vektorpotential
  3. Dynamische Maxwell-Gleichungen: Induktionsgesetz, Verschiebungsstrom, elektromagnetische Wellen, Licht, Wellenleiter, Dipolstrahlung, Lichtstreuung
  4. Elektrodynamik in Materie: Polarisierung, dielektrische Funktion, Telegraphengleichung, Dispersionsgleichungen, Wellenoptik
  5. Weiterführende Themen: Spezielle Relativitätstheorie, kovariante Formulierung, Lagrangeformalismus

Hinweise zur Klausur

  • Die letzte Vorlesung ist am 22.1.2015. In der Lernwoche darauf finden noch Tutorien statt (Besprechung letztes Blatt) und nach Absprache mit den Tutoren auch in der Klausurwoche. Die Zulassung zur Klausur kann man in der Lernwoche der Datenbank der Physik entnehmen. Wer sich nicht abmeldet und dann nicht erscheint, gilt als durchgefallen (ausser bei Vorlage eines Attests).
  • Die Klausur findet am Donnerstag dem 5.2.2015 von 9-12 Uhr in den HS 1 und 2 in den Gebäuden INF 227 und INF 308 statt. Die Einteilung auf die vier Räume wird nach Übungsgruppen erfolgen (Benachrichtigung per Email durch das Datenbanksystem der Physik). Die Nachklausur ist für die letzte Woche in den Semesterferien geplant (Woche vom 7.4.2015, also nach dem Ostermontag).
  • Eigene Notizen sind NICHT zugelassen, aber wir werden ausführliche Hinweise und ein extra Formelblatt geben, weil die Elektrodynamik viele Formeln enthält, die man nicht alle auswendig lernen muss.

Empfohlene Literatur

Buchreihen für Bachelor-Vorlesungen

  • Thorsten Fliessbach, Elektrodynamik, Lehrbuch zur Theoretischen Physik II, Springer, 6. Auflage 2012
  • Wolfgang Nolting, Elektrodynamik, Band 3 Grundkurs Theoretische Physik, 8. Auflage Springer 2007

Klassiker der Lehrbuchliteratur

  • John David Jackson, Klassische Elektrodynamik, De Gruyter, 3. Auflage 2002
  • Landau und Lifshitz, The classical theory of fields, volume II of the course on theoretical physics (auch auf Deutsch erhältlich bei Harri Deutsch Verlag 1997)
  • The Feynman Lectures on Physics, volume II: Mainly electromagnetism and matter, Basic books 2011(auch auf Deutsch erhältlich bei Oldenbourg Verlag München 2007)
  • J. Honerkamp und H. Römer, Grundlagen der Klassischen Theoretischen Physik, Springer-Verlag 1986

Skripten anderer Heidelberger Dozenten

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