Für alle eineindeutigen Funktionen, d.h. umkehrbar eindeutigen Abbildungen eines Definitionsbereichs
in einen Wertevorrat
kann man durch Auflösen der Gleichung
nach
Umkehrfunktionen
bilden, wobei Definitionsbereich
und Wertevorrat ihre Rollen vertauschen:
und
. Die Umkehrfunktion beschreibt
die Umkehrung der ursprünglichen Abbildung. Da die ursprüngliche Abbildung
und die Rückabbildung
sich in ihrer Wirkung gerade aufheben,
gilt für die mittelbare Funktion
.
Daraus ist die oben angegebene Schreibweise
zu verstehen:
.
Im Sinne unserer physikalischen Definition der Funktion als Input-Output-Relation sind bei der
Umkehrfunktion Input und Output vertauscht, d.h. die Flußrichtungspfeile in unserem Bild bei
und
einfach umgekehrt.
Bild 4.19: Schwarze Kästen für
und die Umkehrfunktion
Umkehrfunktionen treten in der Physik häufig auf. Betrachten wir als Beispiel die Länge
der Flüssigkeitssäule in einem engen
Glasrohr als Funktion der Temperatur
:
. Wenn wir das Glasrohr als Thermometer
zur Messung der Temperatur benutzen, beobachten wir die Länge der Flüssigkeitssäule und schließen daraus auf die
Temperatur
.
Üblicherweise wird nach vollzogener Auflösung der Gleichung
nach
die jetzt unabhängige Variable
wieder
genannt und die abhängige wieder
. Für den Graphen bedeutet der Übergang
zur Umkehrfunktion deshalb einfach Spiegelung an der Geraden
, d.h. der Winkelhalbierenden
des ersten und dritten Quadranten. Auf diese Weise erhält man aus jeder eineindeutigen Funktion eine neue Funktion.
Ein lehrreiches Beispiel ist die Normalparabel
. Erst durch Einschränkung des
Definitionsbereichs auf
wird daraus
eine eineindeutige Funktion, die umkehrbar ist: die Umkehrfunktion ist eine neue Funktion für uns,
die Quadratwurzelfunktion
und nach Umbenennung der Variablen
.
Durch die Bezeichnung mit dem Bruch im Exponent werden jetzt über unsere früheren Überlegungen hinausgehend
Potenzen auch für rationale Zahlen als Exponenten definiert, ohne dass sich an den Rechenregeln für Potenzen
etwas ändert.
Bild 4.20: Normal-Parabel
und ihre an der Winkelhalbierenden
gespiegelten Umkehrfunktion: die Quadratwurzelfunktion
Die Möglichkeit, aus eineindeutigen Funktionen durch Umkehrung neue Funktionen zu finden, erweitert den Schatz unserer im Abschnitt 4.2 als Grundausstattung eingeführten Funktionen ( der rationalen, trigonometrischen und Exponentialfunktionen ) nahezu auf das Doppelte. Dieser Aufgabe wollen wir uns jetzt zuwenden: