Die bei weitem wichtigste komplexe Funktion ist die natürliche Exponentialfunktion. Wir wurden bereits im Abschnitt 8.1.5 durch die Euler-Formel auf ihre Definition für rein imaginäre Variable geführt und können diese natürlich leicht für allgemeine komplexe Variablen ergänzen:
d.h. für den Betrag:
und für das Argument: .
Während sie als Funktion des Realteils nach wie vor so rasant ansteigt, wie wir früher gesehen hatten, ist sie in Abhängigkeit vom Imaginärteil ihrer Variablen -periodisch.
Der Konvergenzradius der Taylor-Entwicklung ist, wie wir früher gesehen haben, unendlich.
Um uns ein Bild der Funktion machen zu können, berechnen wir zunächst wieder einige Bildpunkte:
Dann sehen wir, dass die senkrechten Geraden in Kreise
übergehen: die Gerade
in den mit
, die mit
in den
und die Gerade
in den Kreis mit
.
Die waagrechten Geraden werden in Speichen
abgebildet, und zwar die Gerade
in die Speiche
, die Gerade
in
, usw..
Aus diesen Ergebnissen erkennen wir, dass die Exponentialfunktion einen waagrechten Streifen der z-Ebene mit der Höhe , z.B. den sogenannten Fundamentalbereich mit
auf die zwischen den Verzweigungspunkten
und
(z.B. entlang der negativen reellen Achse) aufgeschnittene w-Ebene abbildet. Die ganze z-Ebene geht also in eine Riemann-Fläche mit unendlich vielen Blättern über. Bei jedem Blatt ist dabei das obere Ufer entlang dem Schnitt mit dem unteren Ufer des darunterliegenden Blattes stetig verbunden und das obere Ufer des letzten "durch alle anderen Verbindungen hindurch" mit dem unteren Ufer des ersten Blattes. Die folgende Darstellung kann helfen, sich ein Bild von dem Wirken der Funktion zu machen.
Bild 8.12: Bild vom waagrechten Fundamentalstreifen in der z-Ebene und der aufgeschnittenen w-Ebene für die Exponentialfunktion