Aktiver Standpunkt:
Wir haben uns bei unseren Tansformationsüberlegungen immer nur damit beschäftigt, wie die Koordinaten eines bestimmten Punktes oder die Komponenten eines festen Vektors aussehen würden, wenn wir das zur Beschreibung verwendete Koordinatensystem bzw. die Basisvektoren geändert hätten. Dabei wird ein und derselbe Vektor bezüglich zweier verschiedener Orthonormalbasen
bzw.
durch verschiedene Komponenten
und
dargestellt:
. Wenn dabei z.B.
, also in positiver 3-Richtung gesehen um den Winkel
im Uhrzeigersinn um die 3-Achse gedreht würde, haben wir gesehen, dass auch die Komponenten
entsprechend gedreht werden. Man nennt dies den passiven Standpunkt und wir werden uns im ganzen Kurs konsequent immer auf diesen Standpunkt stellen. Dieses Problem ist deshalb wichtig, weil die Physiker darauf achten müssen, dass ihre Gesetze so formuliert werden, dass sie von der Wahl des Koordintensystems unabhängig sind.
Die Physiker haben daneben aber noch ein zunächst ganz anderes Problem, nämlich die mathematische Beschreibung von Massenpunkten, Vektoren, usw., die sich tatsächlich im Raum (z.B. mit der Zeit) bewegen, etwa rotieren. Da müssen dann der ursprüngliche Vektor und der z.B. in positiver 3-Richtung gesehen um den Winkel
im Uhrzeigersinn um die 3-Achse gedrehte physikalische Vektor
in ein und demselben Koordinatensystem
beschrieben werden:
und
. Man nennt dies den aktiven Standpunkt. Das folgende Bild zeigt Ihnen, dass in diesem Fall gerade
gilt.
Bild 9.15: Unterschied zwischen passivem und aktivem Standpunkt
Wir haben dabei absichtlich in beiden Fällen das Dach zur Kennzeichnung der neuen Komponenten verwendet, um ganz deutlich zu machen, dass die Relation
zwei völlig verschiedene Bedeutungen haben kann, nämlich:
1.) die transformierten Komponenten eines Vektors als Linearkombination der alten bei einer Drehung des Koordinatensystems um den Winkel
um die 3-Richtung und
2.) die Komponenten eines Vektors nach seiner Drehung um den Winkel um die 3-Richtung als Linearkombination seiner Komponenten vor der Drehung.
Wenn man sich die verschiedenen Sachverhalte ein einziges Mal klargemacht hat, gibt es kaum mehr Gefahr für Verwirrung, sondern eher Freude über die Tatsache, dass man mit dem Studium derselben Drehmatrizen in einem Streich zwei Probleme lösen kann.