9 Vektoren

9.8 Transformationsverhalten der Produkte

9.8.2 Gruppe der Orthogonalen Matrizen

Um die aufgeworfene Frage zu beantworten, behandeln wir zunächst die Orthonormalität. Es soll also gelten:

math formula
d.h. math formula


Wir können demnach nur Matrizen zulassen mit der Eigenschaft math formula oder math formula. Diese Matrizen heißen bei den Mathematikern orthogonal. Unter ihren neun Matrixelementen sind nur drei reelle Zahlen unabhängig wegen der sechs Bedingungsgleichungen:

math formula für math formula und
math formula   für math formula.


Die orthogonalen Matrizen bilden eine Gruppe, math formula genannt, bezüglich der Multiplikation, die natürlich nicht abelsch sein kann, weil wir die Matrizenmultiplikation allgemein als nicht kommutativ gefunden haben:

Um die Gruppeneigenschaft zu verifizieren, betrachten wir zunächst das Produkt math formula zweier orthogonaler Matrizen math formula mit math formula und math formula mit math formula und berechnen:

math formula


d.h. das Produkt zweier orthogonaler Matrizen ist wieder orthogonal.

Ferner gilt das Assoziative Gesetz wie für jede Matrizenmultiplikation:

math formula


Es gibt genau ein Einselement, die Einheitsmatrix math formula ist nämlich orthogonal, da math formula folgt math formula:

math formula Einselement math formula: math formula für alle math formula


Denn die Multiplikation einer Matrix math formula von links oder rechts mit der Einheitsmatrix math formula ergibt wieder die alte Matrix.

Und es existiert zu jeder orthogonalen Matrix math formula eine eindeutig bestimmte Inverse, nämlich genau die transponierte Matrix, das war ja gerade die Orthogonalitätsbedingung:

math formula math formula


Die für die Existenz der Inversen notwendige Bedingung math formula ist erfüllt, denn aus math formula folgt für die Determinante

math formula


math formula


Damit sind alle Gruppeneigenschaften der othogonalen Matrizen bewiesen. Aus der Determinante sieht man darüber hinaus, dass es offenbar zwei Arten von orthogonalen Matrizen gibt, solche mit Determinante math formula, die Drehungen, und andere mit Determinante math formula. Das sind gerade die Spiegelungen.

Die Definitionsgleichung für die orthogonalen Matrizen math formula eröffnet noch einen ganz anderen Blick auf unser Kronecker-Symbol: Sobald wir nämlich links ein überflüssiges math formula mit einer weiteren Summation hinzufügen, erhalten wir: math formula. Wenn wir das Kronecker-Symbol, seiner zwei Indizes wegen als Tensor zweiter Stufe ansehen, stehen auf der linken Seite math formula, d.h. die 9 Tensorkomponenten bezüglich des transformierten Koordinatensystems: jeweils eine Transformationsmatrix für jeden Index. Die ganze Gleichung math formula bedeutet dann die Invarianz der Matrixelemente gegenüber Drehungen und Spiegelungen, d.h. die Einsen und Nullen bleiben in jedem Koordinatensystem immer gleich und an derselben Stelle: Das gegenüber Vertauschen der Indizes symmetrische Kronecker-Symbol ist also, vom höheren Standpunkt betrachtet, ein "numerisch invarianter Tensor zweiter Stufe". Unter dieser Bezeichnung werden Sie ihm später auch häufig begegnen.